Pillars of Eternity im Technik-Test - Benchmarks von HD 5770 bis GTX Titan X [Test der Woche]
Das ehemals erfolgreichste schwarmfinanzierte Kickstarter-Spiel ist nun endlich fertig. Klassische Iso-Perspektive, wunderschöne, vorgerenderte 2D-Hintergründe, komplexes und anspruchsvolles Gameplay sowie alte Tugenden und eine starke Anlehnung an die Infinity-Spiele Baldur's Gate, Icewind Dale und Planescape Torment lassen das CRPG Pillars of Eternity Höchstwertungen abräumen und Fans alter Rollenspieltugenden in Verzückung geraten. Wir schauen uns die technische Seite des Crowdfunding-Meisterwerks an - und zwar Spoiler-frei.
Anmerkung: Dieser Test hatte die meisten Seitenaufrufe diese Woche. Aus diesem Grund veröffentlichen wir ihn heute erneut.
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Das wunderschön gestaltete, klassische Rollenspiel Pillars of Eternity setzt auf vorgerenderte 2D-Hintergründe und 3D-Figuren, die mithilfe der Unity-Engine und Direct X 9 dargestellt werden. Als (ehemaliger) Spieler der Infinity-Engine-Rollenspiele Baldur's Gate, Icewind Dale und Planescape Torment fühlt man sich sofort an diese offensichtlichen Vorbilder erinnert: Vom Mauszeiger über Interface, der Iso-Perspektive bis hin zu Mauszeiger und Ladebildschirme lehnt sich Pillars of Eternity stark an die Altmeister des Genres an. Doch bevor wir zu dem eigentlichen Spiel kommen, wollen wir kurz die Geschichte hinter der Entwicklung anreißen, denn diese ist nicht nur spannend und bewegend, sondern ist auch ein wichtiger Bestandteil der sich momentan in einem Umbruch befindlichen Spiele-Entwicklung, der Schwarmfinanzierung und deren Potenzial für von Publishern totgesagte Genres, weg von Quartalszahlen und dafür Wertschätzung von Arbeit und Zeit, sowohl von Entwicklern wie auch den Geldgebern, also der Community.
Pillars of Eternity - Der steinige Weg zum Erfolg
Der Entwickler Obsidian ist kein Unbekannter. Das Studio entstand ehemals aus Mitarbeitern von Black Isle Studios. Dieses Entwicklerstudio diente schon als Publisher für die Baldur's-Gate-Reihe, entwickelte aber auch selbst Spiele, darunter etwa Fallout 2, Planescape Torment oder Icewind Dale. Schon früh gab es aber auch finanzielle Probleme, etwa durch Entwickler und Publisher Interplay, zu dem Black Isle gehörte. Interplay geriet stark ins Straucheln, verlor die Dungeons-&-Dragons-Lizenz, auf der alle Infinity-Ware-Rollenspiele aufbauten, stellte die Arbeiten an Baldur's Gate 3: The Black Dog und dem ursprünglichen Fallout 3 ein und schloss Black Isle Studios. Aus Black Isle wurde Obsidian (das schwarze Vulkangestein ist eine Anlehnung an Black Isle) und entwickelte fortan vor allem Nachfolge-Titel anderer Studios, darunter etwa Star Wars: Knights of the Old Republic 2 - The Sith Lords, Neverwinter Nights 2 oder Fallout New Vegas. Viele dieser Titel waren tolle Rollenspiele mit viel Tiefgang und oft mitreißenden Geschichten, doch waren sie auch berühmt-berüchtigt dafür, sich an ihrem eigenen Anspruch zu überheben, dann in Folge in Zeitnot zu geraten und schließlich auf Druck des Publishers ihre Spiele unfertig auf den Markt werfen zu müssen. So fehlen in Knights of the Old Republic 2 und Neverwinter Nights 2 teils große inhaltliche Teile der Spiele fast völlig, zudem gab es oft eine Vielzahl von Bugs.
Als schließlich ein Publisher Obsidian während einer schon fortgeschrittenen Produktion den Geldhahn zudrehte, drohte das Studio zu zerbrechen. Verzweifelt griffen sie nach dem letzten Strohhalm und versuchten ihr Glück auf der damals unter Spieleentwicklern noch fast unerprobten Plattform Kickstarter, angetrieben von dem Erfolg von Tim Schäfers Studio Double Fine, die erstmals mit einem solchen Projekt auf der Plattform einen großen Erfolg erzielen konnten. Und auch Obsidian gelang der Durchbruch: Das damals noch Project Eternity getaufte Kickstarter-Projekt sammelte fast 4 Millionen US-Dollar von über 70.000 Unterstützern ein und war zeitweise das erfolgreichste über Kickstarter finanzierte Spiel überhaupt, abgelöst erst durch Planescape Tides of Numerana, ebenfalls ein klassisches Rollenspiel und schließlich Chris Robert's Star Citizen. Pillars of Eternity ist ein offensichtlicher Erfolg für Obsidian und Crowdfunding, auf der DRM-freien Plattform GOG.com liegt es auf Platz eins, Kritiker wie Spieler sind zu weiten Teile begeistert (Metacritc 90/87) und auch unsere Leser geben bei Suchen momentan nur der Retail-Version von GTA 5 den Vortritt vor dem Old-School-Rollenspiel. Und auch Peter Bathge von der PC Games vergibt in seinem geradezu euphorischen Test 91 %.
Pillars of Eternity - Die Technik und deren Umsetzung
Für das Old-School-Rollenspiel nutzt Entwickler Obsidian die Unity-Engine, dabei werden Charaktermodelle, Partikeleffekte und einige Beleuchtungseffekte in Echtzeit berechnet, die sehr schönen und detaillierten Hintergründe sind wie damals in den Infinity-Spielen vorgerendert. Um einen durchgehend glaubwürdigen Look zu erhalten, enthalten die vorgerenderten Hintergründe Tiefeninformationen sowie eine zusätzliche Normal-Map. So kann die Engine erkennen, welche Objekte im Vordergrund stehen (beispielsweise ein Baum unter dessen Äste sich die vom Spieler gesteuerte Gruppe bewegen kann) und Beleuchtung und Lichteffekte können trotz vorgerenderten Bildinformationen auf die 2D-Hintergründe übertragen werden. Dies erlaubt es, dynamische Lichtquellen, einen Tag- und Nachtzyklus sowie Wetter- und Zaubereffekte glaubhaft auf die gesamte Szene wirken zu lassen. Ein hübsches Partikelsystem sowie eine Umgebungsverdeckung für die 3D-Objekte sowie Echtzeitschattenwürfe runden das Bild ab und ergeben den recht organischen und dank 2D-Hintergründen sehr detaillierten Look von Pillars of Eternity, obwohl größtenteils auf Polygone verzichtet wurde.
Die Charaktermodelle wirken in der Nahansicht ein wenig grob strukturiert und auch deren Texturierung ist nicht mehr ganz zeitgemäß, dies spielt aber wegen der isometrischen Perspektive eine eher untergeordnete Rolle. Dank vielfältiger Inhalte, darunter etwa optisch sehr unterschiedliche Rüstungen gleichen Typs, können die Charaktere zudem sehr vielfältig angepasst werden. Da sich die Unity-Engine zudem gut für Mods eignet, dürften wir zudem bald eine recht vielfältige Auswahl Community-erstellter Inhalte auf einschlägigen Webseiten wie dem Nexus sehen. Dort finden sich schon jetzt Anpassungen des Interfaces sowie erste Versionen einer verbesserten deutschen Übersetzung, an der unter anderem auch PCGH-Community-Mitglied Schlodarr mitwirkt. Denn die Übersetzung ist zwar zu weiten Teilen gelungen, enthält aber auch einige (Formatierungs-) Fehler sowie einige nicht sonderlich gelungene Formulierungen. Wer kann, sollte das Spiel daher auf Englisch spielen, dann irritieren auch die teils vertonten Dialoge nicht so stark. Allerdings gehört Pillars of Eternity definitiv zu den sprachlich anspruchsvollsten Titeln.
Pillars of Eternity - Die Benchmarks
Aufgrund der generellen Polygon-Armut stellt Pillars of Eternity nur geringe Ansprüche an die GPU. Und auch die CPU wird nur selten über Gebühr gefordert, es gibt allerdings Fälle, bei der diese relativ stark limitiert. Eine dieser Szene haben wir als Benchmark verwendet, hier liegt außerdem die Grafiklast verhältnismäßig hoch, da neben einigen Lichtquellen überdurchschnittlich viele 3D-Objekte angezeigt werden. Es handelt sich hierbei also um eine Art Worst-Case-Szenario, das einen größeren Kampf mit vielen Beteiligten sowie Zaubereffekten samt deren Beleuchtung simulieren soll. In anspruchslosen Szenarien geht die Framerate mit moderner Hardware praktisch durch die Decke, Bildraten um 300 Fps sind keine Seltenheit. Pillars of Eternity läuft generell auch auf schwächerer Hardware gut, dazu gehören neben älteren Systemen, wie unserem AMD Phenom X4 BE auch Notebooks mit integrierten Grafikeinheiten. Hin und wieder muss in anspruchsvollen Szene ein kleiner Ruckler in Kauf genommen werden, dies scheint auf einen CPU-Overhead hinauszulaufen, wenn viele Objekte und Lichtquellen auf einmal berechnet werden müssen. Unspielbar ist das eher gemächliche Spiel aber deshalb nicht.
Anmerkung: Aufgrund des starken CPU-Stockers, der in den Messungen mit dem AMD Phenom 2 X4 BE auftrat, schwankten die minimalen Fps stark, von etwa 28-36 Fps. Wir haben uns daher entschieden, den unteren Wert für unsere Grafik zu verwenden. Andernfalls hätten schwächere GPUs teils mehr Fps als stärkere erhalten. Mit dem Intel Core i7 fielen diese Stocker so fein aus, dass sie nicht von Fraps erfasst wurden.
Pillars of Eternity
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Pillars of Eternity - Fazit
Das Old-School-Rollenspiel ist definitiv ein gelungener Titel, ein paar Kleinigkeiten stören an der Technik aber. Das wäre zum einen die nicht sehr gut greifende Kantenglättung mittels MSAA, die seit Patch 1.0.3 auch im Optionsmenü des Spiels per Schieberegler angepasst werden kann, zum anderen etwa die Tatsache, dass Pillars of Eternity wie andere Unity-Engine-Spiele im Borderless-Window läuft und daher immer auf die Desktop-Auflösung skaliert, was Downsampling erschwert und öfter zu einer nicht korrekten Skalierung führt. Dies betrifft wahrscheinlich aber eher uns als Tester, denn wir mussten nicht nur oft die Hardware wechseln, sondern auf die Auflösung, was nicht immer korrekt funktionierte.
Generell ist Pillars of Eternity aber ein sehr hübsches, wenn auch technisch anspruchsloses Spiel geworden - ein Crysis sollte das Old-School-Rollenspiel auch nie werden, sondern eine Hommage an die Infinity-Ware-Spiele wie Baldur's Gate, und in dieser Hinsicht hat Obsidian die Unity-Engine sehr geschickt genutzt und genau das geliefert, was sie ihren Fans und Unterstützern versprochen hatten. Das ist alles andere als selbstverständlich und verdient Anerkennung. Auch von uns, daher vergeben wir einen Daumen hoch.