Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

38
Special Stephan Wilke
RAM-Kühler sind ein Aushängeschild der Hersteller
Quelle: PC Games Hardware

Seit im Endkundenmarkt mit DDR-RAM immer mehr Arbeitsspeicher mit Kühlkörpern erschienen ist, gibt es immer wieder Diskussionen über den Sinn und Zweck der Bestückung von RAM-Riegeln mit Heatspreader. PC Games Hardware analysiert, was es mit der Wärmeentwicklung und der Kühlung von Arbeitsspeicher auf sich hat.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel haben wir ursprünglich 2014 veröffentlicht und nun - da das Thema auch 2018 relevant ist - mit neuen Informationen und zusätzlichem Bildmaterial aktualisiert. Viel Spaß damit.

Über einen Aspekt gibt es wenig zu diskutieren: Kühlkörper auf RAM-Modulen erfüllen oft optische Zwecke - anders lassen sich die knalligen Farben, markanten Formen und Schriftzüge nicht erklären. Spielereien wie Leuchtröhrchen und (RGB-)LEDs zeigen, dass viele Hersteller Möglichkeiten suchen, sich mit ihren Produkten abzugrenzen und Käufer mit bestimmten optischen Vorlieben anzusprechen. Doch allein daraus abzuleiten, dass RAM-Kühler überflüssig sind, wäre vorschnell.

RAM-Kühler sind ein Aushängeschild der Hersteller Quelle: PC Games Hardware RAM-Kühler sind ein Aushängeschild der Hersteller

DDR-RAM: Die Rolle der Temperatur

Bei Arbeitsspeicher handelt es sich um flüchtigen Speicher, dass heißt der Inhalt der Speicherzellen geht verloren, wenn die Stromzufuhr unterbrochen wird. Doch auch im laufenden Betrieb muss regelmäßig sichergestellt werden, dass die in den Chips hinterlegten Informationen erhalten bleiben, denn die Ladung in den DRAM-Speicherzellen geht nach einiger Zeit aufgrund von Leckströmen zurück. Das Speicherkonsortium JEDEC hat bereits in der Spezifikation für jede DDR-Generation festgelegt, wie die Gegenmaßnahmen aussieht: Ist Auto Self-Refresh (ASR) aktiviert, wird der Inhalt der Speicherzellen regelmäßig neu aufgefrischt. Für DDR3- und DDR4-RAM beträgt die Standard-Auffrischungsrate auf Rank-Ebene 7,8 Mikrosekunden. Dies gilt für den Normalbetrieb bis zu einer Temperatur von 85 °C. Im erweiterten Temperaturbereich bis 95 °C erfolgt die Auffrischung regulär doppelt so häufig, nämlich alle 3,9 Mikrosekunden.

Während der Auffrischung lassen sich die in den Speicherfeldern betroffenen Reihen nicht produktiv nutzen. Da es sich bei Auffrischungszyklen um ein notwendiges Übel handelt, sollte die Temperatur also unter 85 °C gehalten werden, auch wenn aktuelle DRAM-Chips üblicherweise für eine Betriebstemperatur bis 95 °C spezifiziert sind. Die DDR4-Spezifikation erlaubt es sogar, unterhalb von 45 °C die interne Refresh-Rate anzupassen, also den Zeitabstand zwischen den Auffrischungszyklen weiter auszudehnen. Sämtliche genannten Temperaturwerte beziehen sich auf die Oberflächentemperatur in der Mitte eines DRAM-Chips.

Nicht verpassen: DDR4-RAM und DDR3-RAM: RAM im Test, Arbeitsspeicher im Vergleich

Bei den für das Server-Segment entwickelten, inzwischen obsoleten Fully-Buffered-DIMMs sind übrigens Kühlkörper Standard. Hier sind es aber weniger die DRAM-Bausteine, die vor Überhitzung bewahrt werden müssen, sondern es ist der Advanced Memory Buffer (AMB) von FB-DIMMs. Dieser ist die Kommunikationsschnittstelle zwischen RAM-Controller und den einzelnen Speicherbausteinen und wird daher stark beansprucht. Der temperaturüberwachte AMB kann bei unzureichender Kühlung über 100 °C erreichen.

08:56
PCGH-Basiswissen: Ist ein RAM-Kühler Pflicht?

RAM-Kühler: Die Heatspreader

Kühlbleche auf RAM-Modulen funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie Kühlkörper auf Prozessoren oder Grafikchips: Die auf einer kleinen Fläche erzeugte Wärme wird über eine wärmeleitfähige Schicht an einen Kühlkörper abgegeben, der aufgrund seiner großen Oberfläche eine effiziente Kühlung ermöglicht. Diese Art der Kühlung arbeitet umso wirkungsvoller, desto stärker die Luft um den Kühlkörper herum in Bewegung ist, wie beispielsweise Untersuchungen des Speicherchip-Herstellers Micron zeigen: In einer Versuchsreihe mit 4 GiByte fassenden DDR3-RDIMMs und 40 °C warmer, einströmender Luft sorgte ein Kühlkörper bei einer durchschnittlichen Luftgeschwindigkeit von knapp 0,9 m/s für eine Abkühlung um 3 Kelvin, bei rund 2,6 m/s hingegen für eine Temperaturdifferenz von 6 Kelvin. Für Silent-Fans ist vor allem folgender Umstand interessant: Um identische Temperaturen zu erhalten, reicht beim Einsatz eines Kühlkörpers je nach getesteter Konfiguration wesentlich geringer beschleunigte Luft aus. Ein Heatspreader wirkt also bereits bei einer schwachen Gehäusebelüftung, belohnt aber auch einen stärker ausgeprägten Luftstrom.

Auch in den Tests von PC Games Hardware haben RAM-Kühler ihren Kühleffekt bereits unter Beweis gestellt: Gute Nachrüstkühler aus dem Zubehörmarkt wie der mittlerweile nicht mehr erhältliche EKL Alpenföhn Ram(m)bock haben bei DDR3-RAM (2 GiByte DDR3-1333) eine Abkühlung von über 10 Kelvin bewirkt - bei einer gemessenen Betriebsspannung von 1,63 Volt und ohne dedizierte Belüftung. Übertakter, die mit höheren Spannungen, Taktraten und zielgerichteter Belüftung arbeiten, dürften größere Temperaturdifferenzen gegenüber dem kühlerlosen Betrieb erzielen. Aktive Kühllösungen wie beispielsweise Corsairs Vengeance Airflow senken die RAM-Temperatur unseren Messungen zufolge sehr effektiv, sind aber für Silent-Fans typischerweise deutlich zu laut und können den Luftstrom im Gehäuse negativ beeinflussen.

10 Kits mit DDR4-RAM im Vergleichstest: Ein solides Fundament

10 Kits mit DDR4-RAM im Vergleichstest: Ein solides Fundament

PCGH Plus: Die hohen Preise für DDR4-RAM schrecken zwar manche Aufrüster ab, auf guten Speicher können Spieler aber trotzdem nicht verzichten. Wir testen, welche Kits sich lohnen. Der Artikel stammt aus PC Games Hardware 07/2018.

mehr ...

DDR- und DDR4-RAM: Temperaturen in der Praxis

Aber wie warm wird DDR3- und DDR4-RAM normalerweise eigentlich? Im offenen Aufbau sind bei Vollauslastung und 1,65 respektive 1,35 Volt Spannung bei den meisten, mit unterschiedlich aufwendigen Kühlern bestückten Testmustern auf 25 °C Umgebungstemperatur normierte Werte zwischen 40 und 45 °C üblich. Haben Sie dabei im Hinterkopf, dass wir die Temperaturen mittels Messfühler zwischen den Chips ermitteln - die Speicherbausteine selbst dürften noch etwas wärmer werden. Dieser Wert gilt außerdem für den Betrieb eines Moduls mit freien angrenzenden RAM-Slots, bei Vollbestückung mit vier Modulen ist die Wärmeentwicklung höher. Im geschlossenen Gehäuse ist tendenziell mit höheren Temperaturen zu rechnen, wobei die restlichen verbauten Komponenten und die Gehäusebelüftung eine entscheidende Rolle spielen. Bei vergleichbarer Spannung können Volllasttemperaturen über 60 °C auftreten.

Das Auslesen von RAM-Temperaturen via Software ist möglich, wenn ein dedizierter oder im SPD-EEPROM integrierter Sensor verbaut ist, was leider kein Standard ist. In manchen Fällen ist das Auslesen mit Software vom Hersteller (z. B. Crucial M.O.D. Utility bei bestimmten Ballistix-Modulen) möglich. Fehlt ein solches Tool, empfehlen wir Thaiphoon Burner von www.softnology.biz.
Beispiel für Aktivkühlung: Corsair Vengeance Airflow Quelle: PC Games Hardware Beispiel für Aktivkühlung: Corsair Vengeance Airflow

RAM-Kühler: Die PCGH-Empfehlung

Ordentlich verarbeitete RAM-Kühler, die einen guten Kontakt zu den Speicherchips haben, sorgen für eine deutliche Abkühlung - das haben Tests gezeigt. Die gelegentlich anzutreffende Behauptung, dass Kühlkörper die Hitzeabfuhr behindern, ist also falsch. Da RAM im Normalfall aber auch ohne Kühlkörper stabil betrieben werden kann und nicht überhitzt, können Sie beim Speicherkauf zu den Modulen greifen, die Ihnen von den spezifizierten Werten und dem Preis-Leistungs-Verhältnis am meisten zusagen - unabhängig von dem Vorhandensein eines Kühlers. Den Griff zu Modulen mit einem Kühlkörper oder die Installation eines RAM-Kühlers aus dem Zubehörmarkt empfehlen wir dann, wenn RAM-Overclocking mit angehobenen Spannungen betrieben werden soll und mit erhöhten Temperaturen im Gehäuse - etwa aufgrund der Übertaktung weiterer Komponenten und der Verwendung von Grafikkarten mit einem offenen Kühlkörper und Axiallüftern - zu rechnen ist.

Reklame: Den besten Arbeitsspeicher für Spieler jetzt bei Alternate entdecken
    • Kommentare (38)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von TheGermanEngineer BIOS-Overclocker(in)
        AW: Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

        RAM-Kühler haben auch eine schützende Funktion. Mit nackten Fingern auf Platinen und Chips zu patschen ist ja nicht unbedingt förderlich, wenn auch die Gefahr einer Beschädigung gering sein sollte.
        aber auch wenn selbst OC-DRAM weit von der Überhitzung entfernt ist, so gibt es einen technischen Aspekt, den man sicher nicht außer acht lassen sollte. Denn üblicherweise ist die Kapazität von Kondensatoren (die nun mal das speichernde Element im DRAM sind) sehr von der Temperatur abhängig (bei höherer sind die üblicherweise). Und mit Kühler könnte man durchaus die Chips und damit die Kondensatoren in einem optimalen Bereich halten, sodass der Refresh seltener durchgeführt werden muss und die theoretische Speicherleistung höher ist.
      • Von TheGermanEngineer BIOS-Overclocker(in)
        AW: Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

        RAM-Kühler haben auch eine schützende Funktion. Mit nackten Fingern auf Platinen und Chips zu patschen ist ja nicht unbedingt förderlich, wenn auch die Gefahr einer Beschädigung gering sein sollte.
        aber auch wenn selbst OC-DRAM weit von der Überhitzung entfernt ist, so gibt es einen technischen Aspekt, den man sicher nicht außer acht lassen sollte. Denn üblicherweise ist die Kapazität von Kondensatoren (die nun mal das speichernde Element im DRAM sind) sehr von der Temperatur abhängig (bei höherer sind die üblicherweise). Und mit Kühler könnte man durchaus die Chips und damit die Kondensatoren in einem optimalen Bereich halten, sodass der Refresh seltener durchgeführt werden muss und die theoretische Speicherleistung höher ist.
      • Von dgeigerd Freizeitschrauber(in)
        AW: Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

        Zitat von azzih
        Sieht affig aus und billig. Soll zwar jeder machen wie er will, aber kann mir schwerlich vorstellen wie man als erwachsener Mann in seiner Wohnung sich freiwillig so Blinke-LED Kram reinstellen kann. Dezent und zurückhaltend soll die Technik sein, zumindest bei mir.

        Und DDR4 RAM wird nicht warm, im Endeffekt dümpelt der bei so 40 Grad rum. Kannst ja mal gerne nach 2 Stunden Betrieb die Hand dranhalten, bei mir wird der 3200er bissl mehr als handwarm. Die Verkleidung an RAM Modulen ist immer nur Deko und hat kein wirklichen Sinn.
        Das was ich hab, sind keine Blinke blinke Kinder-LEDs. Das sind eher epische high-tech Neopixel, die ihren Sinn haben. Kann mir auch EL-Wire holen, dann ists kein LED Kram mehr oder Leuchtstoffröhren^^

        DDR4 kann aber Warm werden, z.B. beim übertakten. Trotzdem will ich auf den G-Skill kühler nicht verzichten, da er edel und Stilvoll aussieht.

        Ich hingegen frage mich wie man als erwachsener Mann sich so einen LED-Blinke-Blinke-Monitor in seine Wohnung stellen kann. Das Teil hat ja millionen LEDs, und du regst dich über meine 50 LEDs auf

        Spaß beiseite. Wahrscheinlich siehst du nur die ganzen Regenbogen Beleuchtungen und nie wirklich die guten Builds mit indirekter Beleuchtung etc., teils Minimalistisch und auch einheitlich. Da sieht dann RGB richtig nice aus.
      • Von azzih
        AW: Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

        Zitat von dgeigerd
        Also sehr sinnvoll, da die Beleuchtung schön aussieht und einen Modernen Eindruck macht.
        Sieht affig aus und billig. Soll zwar jeder machen wie er will, aber kann mir schwerlich vorstellen wie man als erwachsener Mann in seiner Wohnung sich freiwillig so Blinke-LED Kram reinstellen kann. Dezent und zurückhaltend soll die Technik sein, zumindest bei mir.

        Und DDR4 RAM wird nicht warm, im Endeffekt dümpelt der bei so 40 Grad rum. Kannst ja mal gerne nach 2 Stunden Betrieb die Hand dranhalten, bei mir wird der 3200er bissl mehr als handwarm. Die Verkleidung an RAM Modulen ist immer nur Deko und hat kein wirklichen Sinn.
      • Von Arkintosz
        AW: Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

        Für mich ist das unnötige Müllproduktion. Erst mal kann man sich durch die hohen Ram-Preise mit wenig Aufpreis direkt ECC-RAM leisten, der ohnehin keine Kühlkörper hat, und wenn man die richtigen Chips raussucht, kommt man mit z.B. Ryzen auch locker auf 3200MHz, weil ohnehin überall die gleichen drin stecken und nur die Standard-Taktung vom Hersteller verändert wird.
        Und mal im Ernst: Wenn mir jemand so kommt, wie geil seine Riegel blinken, dann sag ich halt: Ich hab ECC. Da können die Riegel so viel blinken, wie sie wollen - mein System läuft tendenziell stabiler als seines.

        Also meine Riegel sind alle komplett nackt, direkt von den Chipherstellern, und ich sehe echt keinen Sinn darin, irgendwelche Spielzeugbleche draufzukleben. Wenn überhaupt, ist das vielleicht aus optischen Gründen sinnvoll, und wenn man es direkt übertreiben möchte, dann kann man sie auch mit Wasser kühlen - das macht dann wenigstens einen Temperaturunterschied aus
      • Von dgeigerd Freizeitschrauber(in)
        AW: Arbeitsspeicher: Ist ein RAM-Kühler Pflicht? (PCGH-Basiswissen)

        Zitat von ruyven_macaran
        Randnotiz:
        Iirc habe ich die 60 °C bei DDR3-1200/1.65 (mit alten, gröber gefertigten Modulen) nicht einmal im Fanless-Betrieb mit einfachen Heatspreadern erreicht. Man muss schon wirklich sehr weit hochgehen, ehe RAM-Kühlung aus Stabilitätsgründen nötig ist. Wer nicht gerade gezielt auf RAM-OC-Rekorde aus ist, sondern auf allgemeine Leistungssteigerung, wird den Platz aber vermutlich wesentlich lieber und früher für einen großen CPU-Kühler nutzen. Bringt schließlich nichts, wenn man DDR3-3000 bei 50 °C erreicht - aber die CPU bei 4 GHz rumdümpelt, da neben die riesen RAM-Kühler nur noch sehr schlanke Tower passen.
        Naja, bei 3200 mhz ist schon etwas abwärme dabei. Und es gibt auch AiO-Wasserkühlungen

        Zitat von restX3
        Ram Kühler sind genau so sinnvoll wie LED Beleuchtung.
        Also sehr sinnvoll, da die Beleuchtung schön aussieht und einen Modernen Eindruck macht.
        Zitat von iWebi
        RGB bringen mehr FPS
        Richtig
      Direkt zum Diskussionsende
  • Print / Abo
    Apps
    PCGH Magazin 05/2024 PC Games 05/2024 PC Games MMore 04/2024 play5 05/2024 Games Aktuell 01/2024
    PCGH Magazin 05/2024 PC Games 05/2024 PC Games MMORE Computec Kiosk